Samstag, 22. April 2017

[Rezension] Ein Hauch von Schicksal (Lara Wegner)





♥ Reihe: Einzelband
♥ Autorin: Lara Wegner
♥ Verlag: Drachenmond Verlag
♥ Preis: 12,99€ (TB)
♥ Erscheinungsjahr: 2016
♥ Seiten: 260
♥ Genres: Historischer Liebesroman, Erotik, Fantasy


Im Zuge der Drachenmond-Lesechallenge habe ich endlich dieses wunderbare Büchlein in die Hand genommen. Wirklich hohe Erwartungen hatte ich nicht, sodass ich in mehr als einer Hinsicht überrascht wurde.

Cover: Drachenmond Verlag



Über dem Meer zeigt sich ein erster Lichtschimmer.
Ein neuer Tag kriecht aus den türkisblauen Wellen und mit ihm ziehen Regenwolken auf, hinter denen sich die
aufgehende Sonne verbirgt.
(S. 220)


Ein Amulett, mehr ist Grace von ihrer Familie nicht geblieben. Angeblich erfüllt es Wünsche. Obwohl sie nicht daran glaubt, wünscht sie sich ein neues Leben. Am nächsten Morgen erwacht sie nicht nur im 17. Jahrhundert, sondern auch noch in einer Ehe mit dem ehemaligen Freibeuter Rhys Tyler, mit dem sie nach Barbados segeln muss. Niemals hätte sie erwartet, in diesem Mann ihre große Liebe zu finden. Doch gerade als Grace wieder an das Glück glaubt, werden sie von Piraten entführt und geraten in die Gewalt eines Mannes, der alles daran setzt, Grace zu brechen und Rhys zu vernichten. Nichts ist mehr sicher. Denn auch eine große Liebe kann an der Grausamkeit eines Wahnsinnigen zerschellen.

Text: Drachenmond Verlag


Wie bei allen Büchern des Drachenmond Verlages handelt es sich um ein mattes Großtaschenbuch. Das Cover ist einfach atemberaubend schön und hat mich damals auf das Buch aufmerksam gemacht. Es sieht unglaublich verträumt und abenteuerlich aus! Ich gebe zu, dass ich hier ausnahmsweise mal einen Coverkauf getätigt habe, als ich auf der Frankfurter Buchmesse sowieso endlich ein Drachenmond-Buch kaufen wollte (wobei ich niemals ein Buch kaufen würde, dass mich nicht auch vom Inhalt anspricht). Im Inneren finden sich zahlreiche kleine Illustrationen, die toll zur Geschichte passen. Einzig und allein den Buchrücken finde ich leider eher langweilig gestaltet.




Das Buch ist in seinem Umfang ziemlich dünn geraten und trotzdem passiert überraschend viel auf diesen überschaubaren 260 Seiten. Ich finde, dass der Klappentext die Handlung da ausnahmsweise mal wirklich treffend beschreibt, nur vom Setting und der Einordnung des Buches könnte man eventuell etwas anderes erwarten. Die Fantasy beschränkt sich eigentlich nur auf eine Zeitreise ganz am Anfang, während die historischen Elemente und eine große Portion Erotik eine sehr viel tragendere Rolle spielen. Was den Verlauf der Geschichte angeht, bin ich ein wenig zwiegespalten, da sie für mich persönlich zum Ende hin ein bisschen nachgelassen hat.

Zu Beginn lernen wir in der Gegenwart die hochgradig depressive Grace Rivers kennen, eine junge Frau, deren komplette Familie bei einem Unfall ums Leben gekommen ist. Obwohl sie nicht an übernatürliche Phänomene glaubt, wünscht sie sich von einem alten Amulett ein anderes Leben. Kurz darauf landet sie im 17. Jahrhundert und wird mit einem Piraten verheiratet. Die Geschichte liest sich zunächst sehr amüsant, erschreckend, interessant und geheimnisvoll. Für Grace beginnt das Abenteuer ihres Lebens, eine Chance ihrem alten Leben zu entfliehen und aus ihrer tiefen Trauer zu erwachen. Ihr erster Gedanke ist natürlich, dass sie träume und eigentlich möchte sie einfach nur schnell weglaufen, doch als sie vor dem Traualtar tritt, beschließt sie, dass dieses neue Leben doch gar nicht so schlecht sein kann, wie gedacht - immerhin ist ihr Bräutigam Rhys verdammt heiß und scheint auch Gefallen an ihr zu finden. :D

Es ist nicht die große Liebe auf den ersten Blick, sondern in erster Linie eine Leidenschaft, die in beiden entflammt, was ich vollkommen legitim finde in Anbetracht dessen, dass es sich immerhin um eine arrangierte Ehe handelt, von der man nicht unbedingt die ganz großen Gefühle erwarten kann. Der Erotikanteil ist dementsprechend ziemlich hoch, womit ich gar nicht gerechnet hatte, aber gestört hat es mich auch nicht, da sich dieser Aspekt in den meisten Fällen gut in die Rahmenhandlung eingefügt hat. Zum ersten Mal seit Langem ist Grace wieder glücklich. Doch dieses Glück währt leider nicht lange und die Geschichte schlägt eine gänzlich andere, gefahrvolle Richtung ein, als das junge Paar auf eine Plantage nach Tortuga verschleppt wird. Ob aus einer Ehe wider Willen und einer plötzlich aufkommenden Leidenschaft Liebe entstehen kann, insbesondere unter solch lebensbedrohlichen Umständen?

Neben der überraschend expliziten Erotik war ich stellenweise ebenso verwundert, wie viel Raum der historische Aspekt im Roman einnimmt, denn es werden einige gesellschaftliche Sitten und Verhaltensformen des 17. Jahrhunderts sowie die Piraterie in der Karibik angeschnitten. Sehr amüsant fand ich Grace' Entsetzen angesichts der "Toilette". XD Insbesondere die Sklaverei wird aber zu einem zentralen Thema. Da ich mit dieser Materie nicht ganz so vertraut bin, weiß ich leider nicht, wie gut die Autorin recherchiert hat und sich mit den damaligen Verhältnissen auskennt, aber vieles, das sie beschreibt, könnte genau so irgendwo abgelaufen sein und wird sehr erschreckend, realitätsnah dargestellt. Nichts wird beschönigt und auch die vorherrschende Gewalt auf der Plantage bis ins kleinste Detail geschildert. Dadurch wird die Geschichte immer ernster und düsterer, je weiter sie zum Kern der Geschichte voranschreitet.

Ein psychopathischer Mörder. Unmenschliche Brutalität. Intrigen. Mit Füßen getretene Hoffnungen. Achtung, dieses Buch sollte man mit Vorsicht genießen und bestimmt nicht lesen, wenn man allzu zart besaitet ist! Man leidet wirklich richtig mit den Protagonisten mit. Nur ungern möchte ich spoilern, aber es sollte einfach erwähnt werden, dass in diesem Buch eine Vergewaltigung vorkommt, die sehr detailliert, abstoßend und erschreckend geschildert wird. Ich würde aufgrunddessen eine Altersempfehlung von mindestens (!) 16 Jahren aussprechen, dies ist letztendlich aber natürlich jedem potenziellen Leser selbst überlassen.

Im letzten Drittel des Buches geht es mit der Story dann leider ein bisschen bergab, denn Grace, die eigentlich im Verlaufe der Handlung zu einer starken Persönlichkeit heranwächst, macht hier einen deutlichen Rückschritt. Sie entwickelt eine starke Abhängigkeit von ihrem Mann und scheint dabei keinerlei Selbstwertgefühl mehr zu haben, lässt sich zur Zielscheibe machen. Das passte irgendwie gar nicht zu ihrem vorherigen Verhalten und hat mir gar nicht gefallen. Auch ihre Rachegelüste haben mich immer wieder den Kopf schütteln lassen. Abgesehen von diesen unnachvollziehbaren Entwicklungen fand ich das Ende dann aber insgesamt schön ausgearbeitet. Insbesondere der Epilog, der wiederum in der Gegenwart spielt, hat mir sehr zugesagt.


Grace ist ein interessanter, starker Charakter (zumindest bis zum letzten Drittel des Buches) und war mir von Anfang an sympathisch, obwohl ich sie eigentlich weder als eine typische Heldin noch als besonders schlau bezeichnen würde. :D Sie ist schon ein Stück weit naiv und oberflächlich, denn nachdem sie ihren heißen Bräutigam zum ersten Mal erblickt, sind sowohl die arrangierte Ehe als auch ihre kleine Zeitreise sofort weniger schlimm, doch das hat mich nicht so sehr gestört. Grace ist einfach eine reiche, einsame junge Frau, die sich daran erfreut, dass ausnahmsweise mal eine Sache zu ihren Gunsten verläuft.

Vor ihrer Begegnung mit Rhys stellte ihr Psychiater ihre einzige zwischenmenschliche Beziehung dar. Dass das Thema Depression eine so große Rolle spielen würde, hätte ich nicht gedacht, schließlich ist es aus dem Klappentext nicht ersichtlich. Doch es ergibt durchaus Sinn, dass jemand wie Grace darunter leiden würde. Diese Idee und Grace' spätere Wandlung fand ich gut umgesetzt und nachvollziehbar. Noch dazu lassen sich dadurch viele ihrer Handlungen erklären, die vielleicht zunächst stutzig machen könnten: Dass sie sich doch erst so mies fühlt, später aber vollkommen in ihrem Leben in der Vergangenheit aufblühen kann, das sie endlich von all ihren Verlusten ablenkt. Außerdem neigt Grace zu lebensmüden Aktionen. Sie hat längst nichts mehr zu verlieren, außer dem einen Menschen, der ihr nun etwas bedeutet. Trotz all der Grausamkeiten und allem, was sie durchstehen muss, erhält Grace ihren Mut und ihre Liebe zu Rhys aufrecht, was ich sehr bewundernswert finde.

Letzterer bleibt als männlicher Hauptcharakter sehr geheimnisvoll. Ein gutaussehender, verwegener Pirat, der vielleicht nicht ganz so grausam ist, wie man annehmen würde. Die Rolle eines Seeräubers habe ich ihm jedenfalls nicht so ganz abgekauft - er ist eher ein Gentleman. Seine Motive und Gefühle für Grace bleiben bis kurz vor Schluss nicht ganz klar. Ich möchte nicht gutheißen, wie Rhys sich gegen Ende Grace gegenüber verhält, jedoch ergibt alles rückblickend Sinn. Ein Trauma kann nun einmal nicht von heute auf morgen überwunden werden und verlangt nach sehr viel Zeit und Einfühlungsvermögen. Und meist gibt es jemanden, der dabei helfen und einem beistehen kann, selbst, wenn man es gar nicht vermutet. Eine sehr schöne Botschaft, die das Buch an dieser Stelle vermittelt und ein Grund für mich, warum ich Grace und Rhys sehr als Paar mag. ♥


Lara Wegners Schreibstil liest sich angenehm und flüssig, bildhaft und wunderschön. Die Wortwahl ist einer jungen Frau aus dem 21. Jahrhundert angepasst, ohne zu sehr in einen aufgesetzten "Jugendslang" abzudriften. Nach einigen Startschwierigkeiten schafft Grace es ganz gut sich an ihr neues Umfeld anzupassen und den dortigen Normen zu entsprechen, jedoch kommt es hin und wieder zu Patzern in ihrer Ausdrucks- oder Verhaltensweise, was ich sehr realistisch fand. Mit vielen modernen Ausdrücken können die Menschen im 17. Jahrhundert einfach nichts anfangen, weshalb es sich anfangs sehr unterhaltsam las, wie Grace krampfhaft versucht sich auf veraltete Begriffe zu beschränken und nicht aufzufallen.

Was den Alltag in der Vergangenheit und die darin vorherrschende Gewalt betrifft, wird hier kein Blatt vor den Mund genommen. Die Dinge werden beim Namen genannt, was ich an sich sehr begrüße, da das Buch so an Authentizität gewinnt, nur ab und zu wird es schon etwas eklig oder auch vulgär. :D Die erotischen Szenen werden ebenfalls sehr eindeutig und detailliert geschildert, sind allerdings wirklich prickelnd geschrieben. Mir hat Lara Wegners Stil in diesen Szenen jedenfalls sehr gefallen.


Ein super spannendes und mitreißendes Buch über Leidenschaft, Durchhaltevermögen und den Überlebenstrieb des Menschen. Der Mix aus Liebesroman, historischen Elementen, einer großen Portion Erotik, Gewalt und einem Hauch Fantasy las sich zugleich fesselnd und aufwühlend. Lediglich das letzte Drittel der Geschichte konnte mich nicht so überzeugen. Hier hätte man an Liebesdrama und Rachsucht definitiv ein paar Gänge runterschalten können!


Aufgrund des letzten Drittels leider insgesamt "nur":

 4/5






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Weitere Meinungen:






Mögt ihr Zeitreisegeschichten? Ich hätte mir das Thema vielleicht etwas zentraler in diesem Roman gewünscht.













4 Kommentare:

  1. Guten Morgen liebe Lena,

    Gentleman Piraten kommen in den Historical Love Stories öfter vor. ;) Ich war sehr vom Cover und Inhaltsangabe angetan, als ich es mal gesehen habe. Ja, dieses Buch möchte ich unbedingt lesen, es klingt nach meinem Geschmack und vielen Dank für die kleine Warnung, dann bin ich nicht ganz so schockiert, denn das entspricht nicht meinem Geschmack. :)
    Liebe Grüße Cindy

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    1. Hey Cindy,

      kann verstehen, warum das so ist, beim Lesen fand ich es trotzdem etwas seltsam, dass er ein Pirat sein soll. :D Gerne, schön fand ich diese Stellen natürlich auch nicht, aber sehr realistisch, wenn man bedenkt, dass sich die beiden Hauptcharaktere in Gefangenschaft eines Irren befinden. Da hätte mir zu viel Schönrederei dann auch nicht gefallen. Gerade auch, was die Zustände auf der Sklavenplantage betrifft.

      Liebe Grüße
      Lena ♥♥♥

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  2. Hey,

    eine schöne Rezension :) Ich bin jetzt auf jeden Fall neugierig auf das Buch und es kommt auf meine Wunschliste. Die Abhängigkeit von dem Mann klingt zwar nicht besonders gut, doch der Rest scheint interessant zu sein und wenn bei den doch schwierigen Themen nichts schön geredet wird, ist das auch gut.

    Liebe Grüße,
    Kerstin

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    1. Hey Kerstin,

      es freut mich, wenn ich dirch neugierig machen konnte. Die Abhänggkeit fand ich ja auch nicht gut, aber der Rest des Buches ist echt gut. :)

      Liebe Grüße
      Lena ♥

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